Tag des Baumes: Schutz der Gehölze in der Praxis ernster nehmen!

Schutz der Gehölze in der Praxis ernster nehmen!
Ein Beitrag zum Tag des Baumes am 25. April 2021
von Stefan Sauerteig und Horst Schunk

Der 25. April 2021 ist der Tag des Baumes. Ein durchaus wichtiger Tag. So hat das Volksbegehren Artenvielfalt im Jahre 2019 doch gezeigt, dass der Erhalt der Artenvielfalt und der Schutz unserer Grünflächen für viele Menschen ein wichtiges Anliegen sind. In meiner Funktion als Klimaschutzbeauftragter des Stadtrats zu Coburg will ich mich daher gemeinsam mit dem ehemaligen Stadtrat und ehemaligen Vorsitzenden des Baumschutzvereins e.V. Horst Schunk in der Diskussion rund um den Baumschutz in Coburg einbringen.

Kurzzusammenfassung

Große Bäume leisten Großartiges für das von Verkehr und Industrie belastete Stadtklima!

Die Baumschutzverordnung gilt für Alle. Sie soll den Erhalt von Bäumen garantieren und nicht die Möglichkeiten zur Umgehung einer solchen Verordnung manifestieren.

Bäume müssen im Rahmen von Baumaßnahmen, ob privat oder betrieblich, besser geschützt werden. Bestehende Gehölze sollten im Rahmen von Flächenplanungen immer in die Gestaltung eines Areals einbezogen werden!

Das allgemeine Rodungsverbot in den Monaten März bis September ist nur dann sinnvoll, wenn in den Monaten zuvor auf radikale Rückschnitte verzichtet wurde. Nur so profitieren Insekten, Vögel und andere Tierarten von natürlichen Hecken.

Es gibt ein enormes Potential an Grünzonen und Grünzügen innerhalb Coburgs. Diese gilt es stärker zur Geltung zur bringen und kontinuierlich auszubauen, beispielsweise entlang der Itz (auch im Bereich Güterbahnhofsgelände), im Rosengarten, im Hofgarten und den kleinen Grünbereichen „an vielen Ecken“ unserer Stadt.

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Coburg bietet ein enormes Potential an guten Ideen für neue Grünzonen

Auch in Coburg gibt es ein enormes Potential an guten Ideen für neue Grünzonen, Grünprojekte, und Pflanzungen beispielsweise durch das Grünflächenamt der Stadt Coburg. Auch gibt es das „Grüne Labor“ am Himmelsacker, das unter anderem für die Vielfalt der Gehölze wirbt. Und es gibt noch immer eine wertvolle Grünsubstanz in unserer Stadt.

Im jüngsten Bericht der Stadtverwaltung im Stadtrat zu Coburg erläuterte die Verwaltung, dass das Grünflächenamt seit dem ersten Zwischenbericht zum Erhalt der Artenvielfalt im Februar 2020 weitere, vielfältige Maßnahmen für Neupflanzungen ergriffen hat. Positiv zu erwähnen sind dabei insbesondere die Pflanzung von 70 Bäumen in Fortsetzung der Niorter Straße anlässlich des 70-jährigen Jubiläums der Wohnbau Stadt Coburg sowie eine artenreiche Pflanzung von Solitärgehölzen im Hofgarten, bei der 18 verschiedene Laubbaumarten und 12 verschiedene Nadelbaumarten verpflanzt wurden: darunter 15 Baumarten, die erstmals im Hofgarten Verwendung gefunden haben.

Kern des Problems ist oftmals der Umgang mit bestehenden Gehölzen

Dies alles sind sehr positive Fortschritte. Was aber mehr und mehr zum Problem wird, in Coburg ebenso wie anderswo, ist der tägliche und oftmals sorglose Umgang mit den schon vorhandenen bestehenden Gehölzen. Viel zu oft werden Bäume beschädigt, sie werden klein geschnitten, gekappt und damit auf Dauer zerstört. Das wertvolle Wissen über Aussehen und Bedürfnisse unterschiedlicher Baumarten sowie der Leistung, die sie erbringen, scheinen an vielen Orten verloren gegangen zu sein.

„Große Bäume – Große Probleme?“

Nicht nur im privaten Bereich macht es sich bemerkbar: der Erhalt der Gehölze scheint oftmals weniger im Fokus zu liegen, als der preiswerte Beschnitt der Bäume. An vielen Orten scheinen sie nur noch anderen vermeintlich wichtigeren Anliegen im Wege zu stehen. Die Tatsache, dass vorhandene Gehölze bereits einen Wert besitzen, wird vergessen oder zumindest ausgeblendet. Private Neuanpflanzungen legen den Fokus auf Gewächse, die jedes Jahr zurück geschnitten werden und weniger ökologischen Wert besitzen, als ein vergessener Holunderstrauch in irgendeiner Ecke.

Große Bäume stehen hingegen häufig unter kritischer Begutachtung: Pollenflug im Frühjahr, Platzbedarf, Laubfall, Schattenwurf bis hin zum drohenden Umfall beim nächsten Sturm. Dabei leisten sie Gleiches wie teure Gehölze aus der Baumschule.

Sie sind weit mehr als ein stadtplanerisches Gestaltungselement, sondern fungieren als wertvoller Luftfilter in der von Industrie und Verkehr belasteten Innenstadt.

Es gilt sich immer wieder klarzumachen, dass bestehende Gehölze, die bereits eine gewisse Größe erreicht haben, wichtige Funktionen für das Stadtklima erfüllen. Neupflanzungen können diese Funktionen nicht gleichwertig ersetzen, sondern benötigen erst einige Jahrzehnte, um an die Leistungsfähigkeit bestehender Gehölze heranzukommen.

Prägung des Stadtbilds: schattenspendende Bäume statt Gärten des Grauens

Die Stadtbilder sind vielerorts geprägt durch kahle Vorgärten mit Kiesbett, Steinbrocken und grauem Plastikzaun. Damit wird jedoch nicht nur das Straßenbild einfältiger, sondern auch das Kleinklima nachhaltig verändert. Lebensräume für Insekten, Vögel und andere Kleintiere gehen verloren. Ich fordere daher, dass die Freiflächengestaltungssatzung mit einem Regelungsteil für Vorgärten, die das Grünflächenamt in seinem Zwischenbericht im Jahre 2020 angesprochen hat, schnell realisiert wird.

Es ist ein gutes Signal, dass die Stadtverwaltung auf Anfrage der SPD-Stadtratsfraktion zur Stadtratssitzung am 25. März 2021 erklärt hat, dass der Vorschlag einer solchen „Vorgärtensatzung“ bereits im II. Quartal des Jahres 2021 zur Beratung vorgelegt wird. Diese gilt es in den beschlussfassenden Gremien zügig zu diskutieren und umzusetzen. Gleichwohl darf es im Anschluss nicht bei der bloßen Verkündung der neuen Satzung belassen werden.

Die „Vorgärtensatzung“ muss auch ausgiebig erklärt werden, um die Bürgerinnen und Bürger auf dem Weg zum Schutz der Artenvielfalt mitzunehmen. Des Weiteren gilt es konkrete Hilfe bei der Umwandlung steinerner Kieswüsten in blühende Vorgärten zu leisten und Orientierungsbeispiele an die Hand zu geben.

Ich begrüße daher die Zusage des Grünflächenamts, im Rahmen der Umsetzung der Freiflächengestaltungssatzung ein spezielles Beratungsangebot folgen zu lassen.

Die Baumschutzverordnung gilt für Alle in der Stadt!

Eine Diskussion rund um die Ausgestaltung der Baumschutzverordnung kann ich als Klimaschutzbeauftragter derweil nicht nachvollziehen. Diese wurde erlassen, um den Erhalt von Bäumen zu sichern und nicht, um diverse Möglichkeiten zur Umgehung der Verordnung festzuschreiben.

Die Baumschutzverordnung gilt für alle Bürgerinnen und Bürger, für die Stadtverwaltung, aber auch für alle Unternehmerinnen und Unternehmer in unserer Stadt. Sollten mit einer Fällgenehmigung etwaige Pflanzauflagen verbunden sein, so müssten diese auch tatsächlich erfolgen und die Pflege dieser Bäume im Anschluss langfristig gewährleistet sein.

Mögliche Fällgenehmigungen für Betriebe in Gewerbegebieten rein fachlich zu begründen, erhaltenswerte Bäume gilt es im Rahmen von Bebauungsplänen festzuschreiben.

Äußerst begrüßenswert wäre es, wenn Betriebe im Rahmen ihrer Planungen deutlich mehr Rücksicht auf bestehende Gehölze nehmen und diese in ihre Raumplanung einbeziehen. Dafür gibt es viele Mittel und Wege, insbesondere dann, wenn bestehende Gehölze nicht unmittelbar von Baumaßnahmen betroffen sind, sondern lediglich auf möglichen Zufahrten zu einem Gelände oder am Rande eines überplanten Areals befindlich sind. Auch dürften Beurteilungskriterien, wie Art und Aussehen des Baumes keinesfalls zum Maßstab für eine Baumfällung erhoben werden.

Artenschutz zwischen Rodungsverbot im Außenbereich und Baumschutzverordnung

Natürliche Hecken sind im Stadtgebiet selten geworden. Sie wurden und werden gerodet oder ganz niedrig gesägt, so dass sie keinen Wert mehr besitzen. Das allgemeine Rodungsverbot im Außenbereich sei in diesem Zusammenhang nur dann sinnvoll, wenn die Monate zuvor auf radikale Rückschnitte verzichtet wurde. Das nütze weder den Insekten noch den Vögeln, denn was nicht mehr vorhanden ist, fehlt dann auch ab März.

Es gilt die letzten zusammenhängenden Hecken aufzulisten, zu bewahren und neue Heckenbereiche anzulegen. Die Bebauungspläne müssen sich derweil stärker an Aspekten des Baum- und Artenschutzes orientieren.

Auch bei der Freizeitnutzung im Außenbereich, inklusive der Wälder muss eine Konzentration auf ausgewiesene Wege erfolgen, um der Flora und der Fauna abseits dieser Wege Raum zur Entfaltung zurückzugeben.

Die Kommune muss bei Fragen des Gehölz-Schutzes die Vorreiterrolle übernehmen!

Nicht nur bei einzelnen Leuchtturmprojekten, sondern im alltäglichen Umgang mit Gehölzen gilt es mit gutem Beispiel voranzugehen. Das gilt beispielsweise auf Baustellen. Hier muss der Erhalt von Grün eine deutlich größere Rolle spielen. Erhaltenswerte Gehölze, die während der Baumaßnahmen, insbesondere im Wurzelbereich, durch Bodenverdichtung, Stamm- und Astschäden gefährdet sind, gilt es bei der Planung der Zufahrtswege stärker zu berücksichtigen und zu schützen.

Weiteres Potential für einen verstärkten Schutz der Gehölze gibt es im Umgang mit dem innerstädtischen Grünzug an der Itz, inklusive des Bereichs am ehemaligen Güterbahnhof, in der künftigen Entwicklung des Goldbergsees, im Erhalt und der ökologischen Aufwertung des Rosengartens, in weiteren Begrünungen in der Innenstadt ebenso wie in Gewerbegebieten.

All dies muss begleitet sein von einem positiven Werben für den Baum- und Naturschutz bei den Menschen. So wird sich künftig zeigen, ob aus guten Ideen und Worten auch nachhaltige Taten werden.

Stefan Sauerteig
Klimaschutzbeauftragter des Stadtrats zu Coburg

Schutz der Gehölze in der Praxis ernster nehmen!Ein Beitrag zum Tag des Baumes am 25. April 2021von Stefan Sauerteig und Horst Schunk